Kooperationsprojekt: Master-Studierende der PH unterstützen Lernende beim Bruchrechnen
„Bruchrechnen – oh jeee!“ – wer kennt das nicht aus seiner eigenen Schulzeit? Oft sitzen Lernende verständnislos vor Bruchrechen-Aufgaben und überlegen sich, welches Verfahren oder welche Formel jetzt mal wieder gilt. Oder sie fragen sich, warum bei der Aufgabe 1/2 x 1/2 plötzlich 1/4 herauskommt – das Ergebnis müsste doch größer werden, wenn man multipliziert. Oder noch schlimmer: was passiert da eigentlich, wenn man 4 : 1/2 rechnet? Warum kommt da plötzlich 8 heraus?
Rund 30 Master-Studierende des Instituts für Mathematische Bildung der PH Freiburg haben gemeinsam mit Prof. Dr. Lars Holzäpfel und Prof. Dr. Anselm Strohmaier im Rahmen der Hochschulpartnerschul-Kooperation mit der Emil-Thoma-Realschule ein Förderunterricht für Lernende der 6. Klassen im Bereich der Bruchrechnung durchgeführt. Ziel war es, die Lernenden bei Ihrem Lernstand zum Bruchrechnen abzuholen und Ihre Kompetenzen verständnisorientiert und individualisiert zu vertiefen. Die Studierenden haben sich in einem Masterseminar während des Sommersemesters intensiv damit auseinandergesetzt, was eigentlich einen guten Mathematikunterricht ausmacht. Hierzu haben sie sich an den fünf Prinzipien des bundesweiten Qualitätsentwicklungsprogramms für den Mathematikunterricht „QuaMath“ (www.quamath.de) orientiert. Diese sind: (1) Kognitive Aktivierung; d.h. es geht darum aktive Lernprozesse anzuregen, (2) Verstehensorientierung; d.h. es werden Konzepte, Strategien und Verfahren grundgelegt, (3) Durchgängigkeit; d.h. ein langfristiges Lernen durch Sicherung von Basiskompetenzen wird ermöglicht, (4) Lernenden-Orientierung und Adaptivität; d.h. es wird an die Lernstände der Lernenden angeknüpft und (5) Kommunikationsförderung; d.h. die Lernenden werden angeregt, über Mathematik zu sprechen.
Am Beispiel der Bruchrechnung konnten die Studierenden diese fünf Prinzipien konkret umsetzen. Sie haben sich im Rahmen des Seminars mit typischen Fehlvorstellungen und daraus resultierenden Fördermöglichkeiten der Bruchrechnung auseinandergesetzt, die aus der Forschung bekannt sind. In der Unterrichtssituation konnten die typischen Fehler dann systematisch diagnostiziert werden und als Ausgangspunkt für die individuelle Förderung der Lernenden genutzt werden.
Gearbeitet wurde mit anschaulichen Materialien und Kontexten: Sowohl die Pizza als auch die Schokolade kamen zum Einsatz – auch die Bruchstreifentafel war sehr hilfreich, um das Zusammenfügen gleicher Einheiten zu verstehen. Um die eingangs aufgeworfenen Fragen noch einmal aufzugreifen: Fasst man die Multiplikation mit der „von-Vorstellung“ auf und fragt sich, „was ist die Hälfte von der Hälfte“, so löst man diese Fragestellung verstehensorientiert und hat als Ergebnis. Beim zweiten Beispiel kann man die Division als „passen-in“ auffassen und kann somit die Frage stellen: „Wie oft passt 1/2 in 4?“. Auf diese Weise erklärt sich auch, dass das genau 8-mal geht. Oder man fragt sich: Wie viele 0,5-l-Gläser kann ich mit 4 Liter Apfelsaft füllen? – auch dann wird deutlich, dass 8 das Ergebnis ist. Die Versprachlichung bzw. die Übertragung auf eine Situation helfen enorm, ein mathematisches Verständnis aufzubauen.
Eine Win-Win-Situation für Lernende und Studierende: Gerade die Möglichkeit, in Kleingruppen zu arbeiten (immer 2-3 Studierende haben Kleingruppen zu je 4-5 Lernende begleitet) und anschließend alle Lernendenbearbeitungen zu sichten und individuelle schriftliche Rückmeldung zu formulieren ist im normalen Schulalltag undenkbar – das ist ein großer Gewinn für alle Beteiligten.
Die Theorie, die die Studierenden in ihrem Studium erlernen, wird lebendig und konkret und kann nicht nur zur Vorbereitung, sondern auch zur Reflexion gewinnbringend genutzt werden – die Professionalisierungsprozesse werden hierdurch intensiviert und durch die Dozierenden begleitet.
Aber auch die Schule als Ganzes profitiert von der Hochschul-Kooperation: solche Impulse werden auch für die schulische Weiterentwicklung (im Fach) aufgegriffen – neue Wege, Konzepte und aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung werden wahrgenommen.
Und das sagen die Studierenden dazu:
Der Besuch in der ETRS war für uns eine durchweg bereichernde und aufschlussreiche Erfahrung. Schon beim Ankommen wurden wir herzlich empfangen, was sofort für eine angenehme und offene Atmosphäre sorgte. Gemeinsam mit den Kindern hatten wir jede Menge Spaß. Besonders schön war zu beobachten, mit wie viel Begeisterung und Neugier die Kinder bei der Sache waren. Der Tag hat uns gezeigt, wie wichtig solche Begegnungen sind, um Lerninhalte lebendig werden zu lassen.
Die Arbeit mit der Lerngruppe war für mich eine besondere Erfahrung. Besonders schön war zu beobachten, wie sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig unterstützten, unabhängig von ihren Sprachkenntnissen. Im gemeinsamen Arbeiten konnten sie voneinander lernen und sich gegenseitig ergänzen. Dabei haben nicht nur die Schüler und Schülerinnen, sondern auch wir Studierenden viel gelernt, besonders über den Umgang mit Vielfalt, über die Bedeutung von Zusammenarbeit und darüber, wie flexibel Unterricht gestaltet sein kann, um wirklich alle mitzunehmen. Für mich persönlich war dies ein gelungenes Beispiel für eine inklusive und unterstützende Klassengemeinschaft und eine tolle Gelegenheit, die gelernte Theorie endlich einmal in der Praxis zu erleben.
Für mich war es ein sehr wertvoller Einblick in die Praxis des Unterrichts. Durch das gemeinsame Erarbeiten der Aufgaben, konnte ich einen realistischen Einblick erhalten, wie heterogen Kinder lernen, sich an Inhalte erinnern und sich durch Förderungsaufgaben verbessern. Auch spannend war es, die in der Vorlesung besprochenen Fehler zu diagnostizieren. Danke für die Möglichkeit, mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ich würde mir wünschen, dass mehr solcher Praxiserfahrungen bereits im Studium ermöglicht werden.
Bisher hatten wir die Fehlvorstellungen zur Bruchrechnung in der Theorie besprochen. Jetzt war es spannend zu sehen, wie die daraus resultierenden Fehlstrategien tatsächlich von den Schülern angewandt wurden. Es hat mir aufgezeigt, wie schwer es ist, tragfähige Grundvorstellungen bei den Schülern zu "erschaffen" und wie wichtig dabei ausgeprägte fachliche und didaktische Kompetenzen sind.
Die Arbeit mit den Lernenden hat mir viel Freude bereitet. Die Möglichkeit, Aufgaben nicht nur in der Theorie zu entwickeln, sondern auch mit den Lernenden zu testen, hat einen wichtigen Praxisbezug geschaffen.
Der Schulbesuch war für mich ein sehr wertvoller und realistischer Einblick in unser späteres Berufsfeld und hat mir persönlich noch einmal deutlich gemacht, wie heterogen Lernprozesse bei den Schüler*innen sein können. Ich fand es sehr schön zu sehen, mit welcher Begeisterung uns die Schüler*innen begegnet sind, und man hat gemerkt, dass es auch für sie eine tolle Erfahrung und auch Abwechslung zum normalen Unterricht war. Ich würde mir wünschen, wir könnten mehr solcher Praxiserfahrungen sammeln. Vielen Dank für die tolle Möglichkeit.
Und das sagen die Lernenden dazu:
,,Ich fand es gut, dass wenn man Hilfe brauchte, sie uns geholfen haben und auch Inhalte, die ich vergessen habe, wurden mir nochmals erklärt.“
,,Die Studenten waren sehr nett und sehr hilfreich. Ihre Erklärungen waren sehr verständlich, die Strategien sehr effektiv.“
„Ich fand eigentlich alles gut. Besonders hat mit gefallen, dass die Studenten immer bei einem waren und ich fand auch noch den kleinen Ordner als Lernmappe gut.“
„Die andere Herangehensweise hat mit gefallen. Ich finde es gut, dass wir neue Strategien gelernt haben.“
Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!